Wenn Eltern und Kinder sterben: Malteser begleiten Familien durch schwere Zeiten

Berlin. Leben ist zurückgekehrt in die Wohnung von Familie Wagner. Familie, ein Wort, das für Sandra Wagner* und ihren Sohn Elias* bis vor anderthalb Jahren noch aus drei Personen bestand: Vater, Mutter, Kind. Bis der Vater gehen musste - für immer, weil er unheilbar krank war. „Dass wir da heil herausgekommen sind, ist ein großer Segen“, sagt die 43-Jährige. „Das haben wir auch den Maltesern zu verdanken. Das waren wunderbare Menschen, die uns begleitet haben.“

Für Kinder, die sterbenskranke Eltern oder Geschwister haben, gibt es in der Hauptstadt nur wenige Projekte, die ihnen helfen. Seit elf Jahren entlasten die Malteser deshalb in Berlin erkrankte Eltern mit ihren Partnern und Kindern. Mit fachlich ausgebildetem Personal und 25 Ehrenamtlichen unterstützt der Malteser Kinderhospiz- und Familienbegleitdienst etwa 50 Berliner Familien im Jahr – auch die Familie Wagner.

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Begleiter durch schwere Zeiten:

Der Familienbegleitdienst der Malteser braucht dringend Spenden, um Familien zu unterstützen, in denen Kinder mit Sterben und Trauer konfrontiert sind.

Der Malteser Familienbegleitdienst Berlin widmet sich diesen Familien und begleitet sie mit fachlich ausgebildetem Personal und ehrenamtlichen Helfer*innen. Zum Beraterteam gehören nicht nur 25 Ehrenamtliche, sondern auch zwei Diplom-Sozialpädagoginnen mit Zusatzausbildungen in den Bereichen Psychoonkologie, Palliativ Care, Systemischer Beratung und Therapie.

Helfen auch Sie Familien, in denen Kinder mit dem Sterben und der Trauer konfrontiert sind. Spenden Sie! Spendenkonto: Malteser Hilfsdienst e.V.  |  Pax-Bank  | IBAN: DE03 370 60 120 120 120 4018  | BIC / S.W.I.F.T: GENODED1PA7 Stichwort: Kinderhospizarbeit

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Krebs – eine Familiendiagnose

Sandra Wagners Sohn war erst fünfeinhalb Jahre alt, als die Familie die Nachricht erhielt, dass der Vater des Kleinen, an einem Hirntumor erkrankt ist. Krebs, eine Diagnose, die sich nicht nur im Körper eines Kranken, sondern in der ganzen Familie ausbreitet. Denn stirbt jemand plötzlich, ist er von einem auf den anderen Tag nicht mehr da und reißt eine Lücke ins Leben derer, die bleiben. Doch was geschieht, wenn einer, den man liebt, sich langsam auf die letzte Reise macht?

Kurz nach der Diagnose kommt Friedrich Wagner für sechs Monate ins Krankenhaus und unterzieht sich einer ersten Chemotherapie in der Klinik. Sandra Wagner erlebt ihren Mann, der vor seiner Erkrankung als Gitarrist und Komponist arbeitete, nicht nur in diesen Wochen „als großen Kämpfer“. Zu Hause ist sie diejenige, die kämpfen muss – als Mutter, Partnerin und Pflegerin ihres Mannes. „Neben der ständigen Präsenz von Krankheit und Tod, waren es vor allem die notgedrungenen Auseinandersetzungen mit den Behörden, die mich Kraft gekostet haben“, sagt die Berlinerin.

Denn als ihr von der Therapie körperlich schwer beeinträchtigter Mann aus dem Krankenhaus entlassen wird, geht es darum den Alltag neu zu organisieren. Sandra Wagner muss eine Pflegestufe und Erwerbsunfähigkeitsrente für ihn beantragen. Sie kümmert sich um ihr Kind, wenn es aus der Schule kommt, sie ringt um Unterstützung beim Amt, um einen persönlichen Betreuer zu bekommen. Und sie geht in einem Café um die Ecke jobben, weil sie in ihrem eigentlichen Beruf als Musikerin kaum mehr Konzerte geben kann. Obwohl Sandra Wagner in Berlin einen großen Freundeskreis besitzt, kommt sie schnell an ihre Grenzen.

„Endlich hatte ich das Gefühl, dass mir keine Institution gegenübersitzt“

Als Antje Rüger-Hochheim, Leiterin des Malteser Kinderhospiz- und Familienbegleitdienstes, bei ihrem ersten Besuch fragt: „Was brauchen Sie?“, erlebt Sandra Wagner einen Schlüsselmoment. „Endlich hatte ich das Gefühl, dass mir keine Institution gegenüber sitzt, sondern ein Mensch, der sagt: ,Ich höre Sie.‘“

Die Hilfsorganisation vermittelt der Familie eine ehrenamtliche Bezugsperson, die allen dreien von nun an ein- bis zweimal in der Woche zur Seite steht. Katrin Herbst*, die ehrenamtliche Begleiterin, ist es auch, die die Familie in der letzten Lebensphase von Friedrich Wagener unterstützt. Sie holt Elias von der Schule ab und macht mit ihm Ausflüge zum Spielplatz. Sie bleibt beim kranken Vater, wenn Sandra Wagner einkaufen gehen muss. Und sie ist da, damit die Mutter von Elias - oft absorbiert von der Schwere des Alltags - mal ein paar Momente für sich haben kann. „Die Chemie hat gestimmt. Katrin ist ein wunderbarer Mensch. Ich habe mich von den Maltesern total abgeholt gefühlt.“

 „Ich hoffe, Elias Papa sieht das."

Zwei Jahre nach der ersten Diagnose und nach vielen Chemotherapien hat der Krebs im Körper des 58-Jährigen Oberhand gewonnen. Er muss gehen.  In den letzten Stunden begleitet die Ehrenamtliche auf der Palliativstation nicht nur den Familienvater, sondern zugleich Mutter und Kind.

Anderthalb Jahre nach dem Tod ihres Mannes hat Sandra Wagner wieder Momente, in denen sie glücklich ist. Im letzten Sommer sind Mutter und Sohn ans Meer gefahren. Leben ist zurückgekehrt in die Familie Wagner, die jetzt aus zwei Menschen besteht. „Wir haben das überstanden und wir sind wieder da“, sagt sie. „Ich hoffe, Elias Papa sieht das.“

*Namen im Artikel von der Redaktion geändert

Foto: Malteser Hilfsdienst